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Indien

Sechsunddreißig Haarnadelkurven bis nach Ooty

Von Mysore aus habe ich mich auf den Weg nach Ooty – eine der bekanntesten Hill Stations Indiens – gemacht. Das Transportmittel meiner Wahl war ein Minibus. Ich hatte wieder einen miserablen Sitzplatz, aber das war nicht schwer, denn neunzehn Sitzplätze in diesem Einundzwanzigsitzer waren für mich schlichtweg unterdimensioniert.

Der Busbegleiter entdeckte mich großes Häufchen Elend aber nach einer guten halben Stunde im hinteren Drittel des Fahrzeugs. Er sah wie ich mit den Knien schräg im Gang kauerte und wies sogleich einen Inder, auf einem der beiden akzeptablen Plätze, an mit mir zu tauschen. Das schmeckte dem ganz und gar nicht. Ich hingegen strahlte.

Auf der vierstündigen Tour mit dem Toyota war das Highlight ohne Zweifel die Bergauffahrt nach Ooty. Zweitausendzweihundertvierzig Höhenmeter galt es zu überwinden. Die Straße war halbwegs erträglich, wurde aber durch die sechsunddreißig Haarnadelkurven zum Special-Event. Der Anblick der Berge und Täler war atemberaubend und trieb mir gleichzeitig den Angstschweiß auf die Stirn, denn ein indischer Fahrer bleibt ein indischer Fahrer. Fotos kann ich von diesem Trip – bis auf das große, rote Hinweisschild zur Unfallstatistik – leider auch nicht zeigen, denn das einzige was ich festgehalten habe, war meine kleine, wackelige Armlehne auf der rechten Seite des Sitzes. Ab und zu habe ich aber aus dem Fenster gesehen.

Ooty ist ein relativ beschauliches Örtchen. Das Stadtbild deckt sich wieder mit dem anderer, kleinerer Städte in Indien. Das Klima war fast nach meinem Geschmack. Am Tage schien die Sonne bei etwa 25°C. Nur in der Nacht fiel die Temperatur teilweise bis unter den Gefrierpunkt. Ich konnte also für ein paar Stunden nachempfinden, wie garstig kalt es Ende Oktober in Deutschland sein musste. Uuaah!

Im Nachhinein hatte Ooty für mich persönlich nicht viel zu bieten. Es konnten Tagesausflüge zu verschiedenen Kirchen gemacht oder ordentlich gepflegte Gärten durchstreift werden. Außerdem gab es die Möglichkeit Pferde oder Boote auszuleihen oder dem trostlosesten Freizeitpark der Welt „Jolly World“ einen Besuch abzustatten. Ich habe mich für drei Tage in einem netten Guesthouse mit Blick auf den See ein gebucht und das milde Klima genutzt, um in meinen Büchern zu schmökern. Vielleicht wären Kodaikanal oder Munnar, die ebenfalls zu den Hill-Stations gehören, bessere Alternativen gewesen. Alles in allem habe ich aber ein paar entspannte Tage verbracht und bereue den Abstecher nach Ooty keinesfalls.

Die nächste Station stand schnell fest: Es sollte nach Kochi, genauer gesagt ins Fort Cochin, gehen. Von der Insel-Stadt an der Westküste Keralas hörte ich nur Gutes und einige Traveler schwärmten regelrecht von der entspannten Atmosphäre. Und so saß ich am dritten Tag gegen 10:30 Uhr in einem halbleeren Mittelklassebus ins 95 km entfernte Coimbatore, um am nächsten Tag endlich meine erste Zugfahrt durch Kerala anzutreten.

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